Was bedeutet Integrität
Kennt ihr das?
Jemand der euch nahe steht fragt euch nach eurer Meinung.
An sich schon mal eine tolle Sache, fühlt sich unser Unterbewusstsein doch direkt geschmeichelt und dann kommt die Frage:
„Schatz, findest du ich bin zu dick…“
…
Das ist nur ein einfaches Beispiel 😉 , spiegelt aber sehr gut wieder, um was es bei Integrität geht.
Ist das was ich denke und darauf sage oder tue dasselbe oder widerspricht es sich?
Unsere Integrität wird jedes Mal gefordert wenn wir vor einer Wahl stehen und wir im Begriff sind im Gegensatz unserer inneren Überzeugungen zu handeln.
Wie in dem Beitrag über die Komfortzone, hatte ich geschrieben, dass es für uns immer nur zwei Beweggründe gibt: Entweder wollen wir Schmerz vermeiden oder Freude erhalten.
Dies kann uns vor einer Wahl oder Entscheidung in eine Bequemlichkeitsfalle bringen, denn wir sind eher zu einer Aktion geneigt, die uns angenehmer erscheint. Doch wie in den meisten Fällen, ist der kürzeste Weg nicht immer der beste.
Im Alltag kann es jederzeit passieren, dass wir an diese Integritätsgrenze gelangen. Oftmals geschieht es auch in einer Machtposition oder wenn wir in einer Opferrolle sind.
- Wir bekommen an der Kasse zu viel Wechselgeld zurück.
Bin ich ehrlich und gebe ich es zurück oder behalte ich es? - Stehe ich zu meiner Meinung trotz Kritik meines Umfeldes?
- Halte ich Wort und lese meinen Kinder das Buch trotz totaler Müdigkeit noch vor?
- Stehe ich dazu einen Fehler gemacht zu habe oder verheimliche ich es?
- Nutze ich die Stellung oder meine Position für private Zwecke aus?
- Bleibe ich bei meinen Standpunkt, auch wenn ich Konsequenzen zu befürchten habe?
Integrität oder Authentizität
Es ist doch sowieso das Gleiche – wo liegt da der Unterschied?
Auf den ersten Blick, sieht Beides auch gleich aus, aber Integrität ist wie der große Bruder von Authentizität und verlangt einem manchmal wesentlich mehr ab.
Kinder sind beispielsweise sehr authentisch.
Zwei Nachbarskinder verabreden sich zum Spielen, während der eine zuhause noch fragt ob der andere rüber darf, landet der andere spontan beim dritten Nachbarkind im Garten und springt dort mit auf dem Trampolin.
Das erste Nachbarkind wird jetzt nur noch zu hören bekommen, dass der andere jetzt keine Lust mehr hat und jetzt lieber bei dem anderem spielt.
Das ist authentisch: das Kind hüpft jetzt lieber und hat keine Lust mehr bei dem anderem zu spielen, obwohl er zuerst mit ihm spielen wollte.
Oder es erwischt uns beim Einkaufen.
Man holt sich einen Einkaufswagen und findet darin irgendwelche Reste, wie z.B. den Einkaufszettel, Kassenbon, Blumenkohlstängel etc. Mein erster Impuls ist natürlich auch immer etwas entnervendes und ich würde am liebsten den Kram dem nächstem Einkaufswagen schenken, das wäre authentisch.
Andrerseits wäre es ein schlechtes Vorbild für meine Kinder und ich würde genauso handeln wie mein Vorgänger. Ein weiterer Einkäufer würde sich ärgern und die Kette würde sich weiter so fortsetzen, wenn keiner das Muster durchbricht.
Das sind jetzt nur einfache Beispiele, aber die meisten werdet ihr kennen, weil sie alltagsnah sind. Doch diese Muster lassen sich in allen Lebensbereichen finden.
Was bedeutet Integrität und Authenzität nun
Kurzum bedeutet es
– Authentizität heißt, echt nach den eigenen Gefühlen handeln
und
– Integrität heißt, echt nach den eigenen Worten und inneren Werten zu handeln.
Man handelt in beiden Fällen ehrlich, jedoch verlangt Integrität ein höheres Maß an Selbstkontrolle, da man nicht nur spontan auf Situationen reagiert, sondern treu nach selbst gestellten Werten handelt.
Der Mensch mit dem ich am Tag am meisten rede, bin ich selbst. Deshalb bin ich es auch, der mich am meisten beeinflusst. Wenn nun mein innerer Dialog nicht im Einklang mit meinem Handeln steht, dann entgleitet mir meine eigene Kommunikation und der Einfluss auf mich selbst. Es wird schattig und unklar, ich zeige mir selbst wie unbeständig ich bin.
Im Fortlauf wird mein Umfeld das ebenfalls bemerken. Die Autorität und Ausstrahlung die ich auf andere Menschen nehme wird geringer, denn wer soll mir vertrauen wenn ich widersprüchlich handle.
Diese Einstellung, den eigenen moralischen und ethischen Werten treu zu bleiben ist nicht immer einfach. Es können Kleinigkeiten sein wie das Verzichten einer kleinen Notlüge oder auch Ereignisse mit großem Konfliktpotenzial.
Ob Mahatma Ghandi, Nelson Mandela, Martin Luther King, sie alle zeichneten sich in Ihrem Leben durch ihr souveränes Verhalten aus. Sie nahmen den gewaltfreien Kampf gegen Unterdrückung auf und nahmen viele private Opfer in Kauf, weil ihre inneren Überzeugungen so stark waren, dass ihnen ein hinnehmen noch größeren Schmerz verursacht hätte. Diese Männer sind selbst nach ihrem Tod noch verehrt weil sie Sinnbilder für Charakterstärke geworden sind.
Integrität – eine Anleitung
Um das eigene Verhalten richtig zu deuten und zu lenken bedarf es Übung, denn vor allem spontan Reaktionen sind es meist, über die wir uns im Nachhinein ärgern, wenn wir nicht im Einklang mit ihnen stehen.
- Ehrlichkeit: Wir Menschen neigen dazu wenn wir unser Charakter betrachten und uns selbst beurteilen eine Rosarote Brille zu tragen. Wir sind mit uns selbst weniger kritisch als mit anderen. Deswegen geht es in erster Linie darum, uns selbst gegenüber ehrlich und objektiv zu sein
- Selbstreflexion: Mit Ehrlichkeit können wir reflektieren: Nur mit Selbstreflexion können wir auch Bilanz ziehen, können Fehler und Negatives eingestehen und dazu stehen. Integrität bedeutet nicht ein Supermann zu sein und als strahlender Held makellos durch die Welt zu laufen. Es bedeutet, dass wir uns auch neu erkennen und daraus für die Zukunft lernen können.
- Bewusstsein: Wenn wir unsere Stärken und Schwächen so erkannt haben, unsere Ziele und Motive kennen und verstanden haben was unser Handeln bestimmt, dann erst sind wir in der Lage, unser Handeln auch bewusst zu steuern und zu lenken.
- Konsequenz: Nachdem wir unsere Werte kennen, gilt es nun diesen Werten auch treu zu bleiben und danach zu handeln. Es ist mitunter der schwerste Punkt von allen, denn es kann unter Umständen Nachteile mit sich bringen. Doch dem gegenüber steht die Wahl sich opportunistisch zu verhalten, sprich je nach der Lage angepasst für den eigenen Vorteil charakterlos zu verhalten. Damit schaden wir uns und unserem Umfeld letztlich bei weitem mehr als uns oft bewusst ist.
- Aufrichtigkeit: Integrität ist kein Mittel zum Zweck. Sicherlich kann man es eine Zeitlang spielen, aber das wird nie auf die lange Sicht klappen. Es ist eben eine aus dem Innern heraus gewählte Entscheidung oder eben nicht.
Wer versucht sich anzupassen und zu gefallen bewegt sich fortlaufend weg von seiner Integrität. Es geht auch nicht darum einen Heiligenschein zu tragen und einem fehlerfreiem gelebten ideal, sondern um das mit sich im reinem gelebten Leben.
Powertipp:
Wenn du auf einer Party, Geburtstag oder anderswo im Gespräch mit anderen bist und ihr sprecht über eine Person die gerade nicht anwesend ist, dann sprich stets so über diese Person, als ob sie neben dir stehen würde.
Häufig beobachte ich wie Menschen unter sich über andere mehr in den Mund nehmen, als wenn diese Personen anwesend wären.
Im Umkehrschluss zeigt es dir nur, dass du nicht wissen kannst ob dieselben Personen sich nicht genauso verhalten, wenn sie über dich sprechen, solltest du nicht anwesend sein. Deswegen, wenn du über einen nicht anwesenden sprichst, halte es stets so im Geiste, als ob derjenige neben dir stehen würde. Du zeigst dadurch dir und anderen, das du stets genau das über jemand sagst, was du demjenigen auch persönlich sagen würdest.
Integrität schafft Positivität!
Es ist die Einstellung, die ich mit mir vereinbare und sowohl in mir als auch nach außen lebe. Es gibt innere Stärke und Kraft aus eigener innerer Überzeugung.
Integrität ist ein Gut, dass man in sich pflanzt und wachsen lässt. Es ist frei und unabhängig, nur ich kann mich darum kümmern und nur ich bin dafür verantwortlich. Es ist ein Fundament auf dem ich mich bei Bedarf immer stellen kann, da es mir gehört.
Durch Integrität erfährt man ein besseres Selbstwertgefühl, wenn Überzeugung und Handeln im Einklang stehen. Dieses Gut braucht Zeit zum Wachsen und wenn es wächst wird es zu einen statischen Feld, das sich auf die Menschen um dich auswirken wird.
Deine Mitmenschen werden stets wissen woran sie bei dir sind, denn deine Echtheit gibt deinem Umfeld Sicherheit. Sie kann sich darauf verlassen wie du bei Falschheit oder Ehrlichkeit reagierst, sie schätzt Zuverlässigkeit und löst Vertrauen aus. Dadurch bereicherst du dein Leben und das Leben der Menschen um dich herum.
Zwei Dinge verleihen der Seele am meisten Kraft: Vertrauen auf die Wahrheit und Vertrauen auf sich selbst.
Seneca