Ich denke grad über die Vergangenheit nach.
Merke wie Selbstkritisch ich geworden bin.
Und meine Definition von „Mach’s gut“ hat sich verändert.
Wie gut ich war, spielt jetzt keine Rolle mehr.
Wichtig ist, wie gut werde ich heute und morgen sein.
Was lebe ich heute meinen Mitmenschen vor.
Was werden meine Kinder von mir heute sehen, hören und fühlen.
Heute möchte ich dir etwas von mir erzählen.
Etwas das ich bis jetzt noch keinem erzählt habe.
Es ist eine kleine Geschichte die besser erklärt warum ich das hier alles tue.
Vor etwas über dreißig Jahren in Ungarn...
Mein Vater, meine Mutter und ich laufen Hand in Hand zum Bahnhof.
Das Besondere oder die Tragweite des Ganzen ist mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst.
Ich weiß nur noch, dass wir zusammen am Bahngleis stehen und auf den Zug warten.
Ich spreche nicht viel Deutsch und verstehe auch nur wenig aber als mein Vater alleine in den Zug steigt, sage ich zu ihm
„Mach's gut!“
...in Deutschland vor zwanzig Jahren…
Ich packe meine Sachen und mache mich für die Schule bereit.
Mein Vater ist schon wach und während ich raus gehe, sage ich noch „Tschüss“ zu ihm.
Mein Vater schaut mich an, lächelt und sagt: „Mach‘s gut Junge.“
Das wiederholt sich jeden Tag.
Vor etwa einem Jahr...
Mein Vater und ich sitzen zusammen, irgendwie kommen wir wieder auf den einen Tag in Ungarn.
Er erzählt mir alles nochmal aus seiner Sicht.
„Deine Großeltern und wir haben über Jahre unser Haus gebaut und wir hatten viele Schulden. In Ungarn ging es auch nicht mehr richtig vorwärts.
Opa Ferenc starb und wir hatten nun noch weniger Geld und wir hätten so auf Dauer das Haus nicht mehr finanzieren können.
Deine Schwester und du haben gemeinsam mit eurer Mutter bei eisiger Kälte am Bahnhof auf den Zug gewartet. Deine Schwester bekam Tränen in den Augen und fing zu weinen an. Sie schaute hoch und sagte
“Mama mir ist so kalt ich spüre meine Füße nicht mehr.”
Es ging uns nicht gut und in allem hatten wir nicht viel, deswegen auch nicht die wärmsten Schuhe und Kleidung. Ich sprach viel mit deiner Mutter und wir machten einen Plan.
Zwei Bekannte aus dem Dorf gaben uns Geld... von der Bank hätten wir zu diesem Zeitpunkt nichts mehr bekommen und von dem geliehenen Geld konnte ich dann meine Ausreise bezahlen.
Ich war damals noch DDR Bürger und reiste mit dem Geld nach West-Deutschland.
Zwar hatte ich einen Plan, wusste aber natürlich nicht genau was geschehen würde.
Komme ich gut über die Grenze, was passiert mit dir und deiner Schwester, ja der ganzen Familie während ich fort sein würde.
So einfach und frei wie heute war es damals nicht... es war undenkbar, dass man einfach in ein Auto zu steigen konnte und losfuhr wohin man wollte.
Ich fühlte eine riesen Last an Verantwortung.
Und dann sagtest du auf Deutsch während ich einstieg, diese zwei Worte
„Mach’s gut!“
Du meintest nur ein „Tschüss“ damit, ich aber hörte, dass ich es richtig machen soll, viel Glück, Kraft und Liebe.
Heute weiß ich, dass mein Vater danach weinend im Zug davon fuhr.
Zudem ist mir auch heute klar, was für einschneidende Schnitte Schmerzen in uns auslösen.
Eine Mutter die hilflos und verzweifelt versucht ihre frierende Tochter zu trösten.
Ein Vater der seine Familie alleine zurücklassen muss, um ihr helfen zu können.
Ein Sohn der in Begriff ist die Beziehung zu seinen Kinder zu verlieren.
Ich glaube, wir Menschen sind oft bequem und machen nicht unbedingt mehr als nötig und gehen lieber den leichteren Weg.
Wenn sich aber ein Mensch dazu entscheidet etwas nicht mehr länger hinzunehmen, liegt in jedem Schmerz auch eine Chance, ein Motor der uns antreibt mehr aus uns rauszuholen.
Auch du hast sowas schon erfahren. Schmerz aus Ablehnung, Hilflosigkeit, Falschheit, Verrat, Trauer und hast Konsequenzen daraus gezogen.
Ob in Form von Flucht, Selbstzweifel, Aggressivität, Resignation oder Kampfeswille, Besonnenheit, Vernunft, Stärke.
All deine Entscheidungen fußen auf all deinen bisherigen Erfahrungen.
All deine Handlungen im hier und jetzt, sind deine Konsequenzen deiner Vergangenheit.
Es ist wichtig diesen Satz zu verstehen. Gerade dann, wenn du einen Weg gewählt hast und sich eine Routine oder Gewohnheit gefestigt hat. Er hilft dir zu erklären wie du auf bestimmte Situation reagierst, nämlich aufgrund deiner Erfahrungen. Wenn du nicht mehr richtig zufrieden bist, Dich ein Weg nicht mehr erfüllt oder glücklich macht, kannst du so weitere große Schmerzen vermeiden.
Wenn du nicht weiterkommst und du in einer Sackgasse bist, dann reflektiere, mach dir bewusst warum du so handelst und ergreife die Tatsache, dass du es verstehst und es heute ändern kannst
Was ich Dir sagen möchte ist:
Du bist genug und gut wie du bist!
Es steckt alles in Dir!
Du kannst alles ändern!
Weil du die Freiheit hast dich zu Entscheiden!
Deswegen ist es keine Floskel oder ein Abschiedsgruß,
sondern ein Rat aus Liebe.
Mach es richtig
“Mach’s Gut!”